Musikalisch lief alles irgendwie unter dem Oberbegriff "Hardcore" ... was natürlich - wie auch "Punk" - ein weites Feld ist. Also Bauarbeiter-Hardcore aus NYC gab's an diesem Mittwoch nicht, genausowenig wie verzeckten Crust-Hardcore ... nee, eher so diesen Neo-, Studenten- oder "Post-Hardcore", mit V-Neck-Shirts und Jutetaschen und Röhrenjeans und Seitenscheitel und Flaumschnurrbart ... um nur mal ganz subjektiv die Äußerlichkeiten zu umreißen (darüber red ich ja immer am liebsten, hehe). Speziell im Frisurenbereich fiel eine Person besonders auf, die definitiv als Hipster-Hitler-Lookalike minus Hornbrille durchging, haha... Ich sag aber nicht wer, das sollte jeder bei einem Blick in den Spiegel an sich selbst feststellen können, hehe... Heiß im Fashion-Rennen scheinen derzeit auch so komische bunte Mützen zu sein, hmmm, finde ich noch etwas zweifelhaft, diesen Trend...
Äh ja, machen wir nun mal einen kleinen Schwenk zu den Bands. ALDO RAINE fingen an, die auch einiges an Anhang motivieren konnten. Mütter, Väter und ehemalige Gitarrenlehrer wurden gesichtet! Ich muss dazu sagen: Ich kenne die Musikanten nicht persönlich, daher war mir die Bandbesetzung bis vor'm Konzert auch etwas schleierhaft. Ich meinte vorab halbwegs entschlüsselt zu haben, dass zwei (Exil-?)Meppener und ein Mainzer (anscheinend ex-ARROYO) an Bord sind ... tja, und dann stand letztendlich noch ein vierter Mann auf der Bühne... da war ich schon wieder verwirrt, aber egal... Den ersten Stein im Brett hatte die Band bei mir jedenfalls schon bevor die einen Ton gespielt hatten, nämlich durch ihr Merch-Angebot. Drei Shirts standen zum Verkauf, alle selbstgemalt, alles Unikate. Vogel abgeschossen, würd' ich sagen! :)
In der anstehende Pause fand dann die für mich wichtigste Transaktion des Abends statt, als ich von Blo (dem ehemaligen VOMITORY-Gitarristen) einen kpl. TRIO-Mitschnitt aus Oktober 1981 bekommen hab! Hurra! Remmler, Krawinkel, Behrens: Auf ihrem Zenit eine der besten Bands die Deutschland je hervorgebracht hat (und 1981/82 war der Zenit, bevor Remmler mit seinem "Turalu" Scheiß anfing), was Minimalismus, Humor und allgemeine Genialität anbelangt! Ist ja heute leider nicht mehr jedem bewusst, in Zeiten wo jeder Trendsau hinterhergerannt wird, die durch's Dorf getrieben wird. Die erste TRIO-Platte gehört zu den wahren Klassikern! Ich war also glücklich, der Abend hätte ab dem Zeitpunkt auch scheiße werden können, mir war alles egal, haha... Danke Blo!
Der Abend wurde aber nicht scheiße, eher im Gegenteil. Auf der Bühne folgten FJØRT aus Aachen. Die waren ja schon mal im November 2012 mit HAVARII dagewesen (siehe HIER), und ich muss sagen, dass ich die etwas anders in Erinnerung hatte. Diesmal lief mir das jedenfalls eine ganze Ecke besser rein als damals, in den ersten Songs gingen die sogar beinahe in eine mächtig walzende ALPINIST-Richtung, fein fein. Der Bassist ist übrigens auch so eine auffallende Maschine, was Sound und Stageacting (schön, dass ich diesen bescheuerten Begriff auch mal benutzen kann, haha) angeht: Like a Boss! Nach ALDO RAINE schienen zwar ein paar Leute abgehauen zu sein, aber das Publikum fluktuierte irgendwie und bei FJØRT fingen die Leute langsam richtig an zu feiern. Und das an einem Mittwoch! In Meppen! Ich traute meinen Augen kaum...
Die Aachener haben in verschiedenen Besetzungen auch 'ne ganze Menge andere Combos am Start, u. a. KOSSLOWSKI und NORA YEUX. Ich schätze wenn Jogi (der das Konzert an diesem Abend organisiert hatte) wieder seinen unnachahmlichen Charme hat spielen lassen, sehen wir bestimmt auch irgendwann noch mal eine von den anderen Bands in Meppen...
Als letztes traten dann TRACHIMBROD aus Schweden an. Die waren schon seit Mai mit FJØRT auf Tour und entpuppten sich als Hammer-Liveband. Was die da abzogen war schon prima, auch wenn ich die Mucke jetzt für mich persönlich nicht soooo umwerfend fand. Aber das kennt man ja, hehe... Die Facebook-Seite sagt Screamo, Postrock, Shoegaze und das ist alles nicht so meins... Rein musikalisch und technisch waren die jedenfalls sehr fit und mit einem sehr agilen Sänger gesegnet, den ich stimmlich für die Mucke aber 'n bisschen schwach fand. Na ja, was soll's ... er begab sich jedenfalls desöfteren mal unter die Leute, so dass die Menschen vor der Bühne im Laufe des Auftritts für Meppener Verhältnisse langsam total ausflippten. Geil!
Allerdings waren wir mittlerweile zeitlich auch ziemlich im Verzug. Als der letzte Song zu Ende war, war's schon fast halb 12. Und wer sich in Meppen auskennt, weiß ja, dass Gevatter Ordnungsamt bedauerlicherweise 23 Uhr als Deadline für Livemusik ausgegeben hat. Die entfesselte Meute forderte aber natürlich Zugaben, was also tun?!? Auf die Ansage sie sollten doch schnell was kurzes spielen, laberten die Schweden erstmal 5 Minuten rum, nur um zu dem Schluss zu kommen, dass das kürzeste was sie spielen könnten ein 3-Minuten-Song wäre. Äh ja, Hardcore, weites Feld, hatten wir ja weiter oben schon. Die besten Hardcore-Songs die ich kenne dauern jedenfalls irgendwo zwischen 0:30 und 1:30 Minuten, haha ... nun ja, TRACHIMBROD wuppten dann noch eben ihr 3-Minuten-Epos raus, keiner rief die Cops, alles gut, absolut runder Abend!
Mehr gibt's auch kaum zu sagen. Ausgelassene Menschen fragten noch mit fadenscheinigen Argumenten munter an der Theke: "Ey, krieg ich zwei Bier umsonst?!?" Und als ich mit meiner TRIO-DVD unter'm Arm nach Hause radelte fing's auch noch leicht zu regnen an, aber selbst das konnte die Stimmung nicht vermiesen! :)