Dienstag, 4. August 2015

Konzerte: Zeki Min + Franz Nicolay | GIORGIO MURDERER + BUCK BILOXI AND THE FUCKS | 30.07. + 01.08.2015 | Meppen/Oberhausen

Kleinstadt ist ja schon was witziges - man meint jeder kennt jeden, aber irgendwie scheinen ja selbst hier "verschiedene Welten" nebeneinander her zu existieren. Auch in Bereichen in denen man eigentlich damit rechnet, dass es gewisse Schnittmengen geben müsste. In eine dieser "Parallelwelten" tauchte ich am Donnerstag, den 30. Juli 2015, ein: Das "Kulturzentrum Koppelschleuse"!!!


Im "Café Koppelschleuse" war ein Singer/Songwriter-Konzert mit Zeki Min und Franz Nicolay angesetzt und ich dachte mir: "Noch nie was von den beiden Typen gehört, aber warum nicht mal an 'nem lauen Donnerstagssommerabend hingehen..." Gesagt getan, und wenn ich hier übrigens Sachen wie "Parallelwelt" schreibe ist das auch gar nicht bös gemeint. Nur kannte ich da vor Ort tatsächlich kaum jemanden. Klar, so vereinzelte Gesichter hatte man auch schon mal im "Jam" gesehen, aber generell war das doch eine komplett andere (und auch weitaus ältere) Publikumsstruktur als bei den lokalen Konzerten auf denen ich mich sonst so rumtreibe (sprich: "Jam" und z. B. Rockpalast etc...).

Zum Glück war ich aber mit den beiden großen P's unterwegs (Peter und Poggi) und wir konnten die Situation gemeinsam durchanalysieren. Erste Erkenntnis: Mit 9,- Euro lag der Eintritt über den üblichen Jugendzentrumspreisen. Mich störte das jetzt nicht, aber ein mir gut bekannter Schmarotzerstudent blieb aus Geldmangel lieber zuhause. Der Laden war trotzdem voll, ich würde mal sagen ausverkauft oder ganz nah dran.

Zweite Erkenntnis: Es geht pünktlich los! Wenn 20 Uhr als Startzeit angegeben ist, startet das Konzert auch ziemlich genau dann! Wir waren natürlich recht spät dran und lümmelten auch erst noch vor der Tür rum, was uns auch gleich zur dritten Erkenntnis führt: Sitzkonzert! Und da wir uns so spät reinbequemten saßen wir natürlich beinahe hinten letzte Reihe und durften uns einige wirklich prächtige Meppener Hinterköpfe ansehen, haha... Deswegen auch keine Videos! Vorteil: Wir saßen sehr nah an der Theke, so dass man auch mal Bier holen konnte ohne den ganzen Laden in Aufruhr zu versetzen... Also eigentlich alles richtig gemacht!

Der Publikumseindruck war also schon mal ganz amüsant. Um das Klischee auf die Spitze zu treiben: Einmal lief an uns wirklich ein weißhaariger Typ Marke Studienrat vorbei, mit Birkenstock an den Füßen und darin trug er natürlich Socken! Shocking!!! Und wenn irgendwo im Raum gequatscht wurde reckten sich selbstverständlich die Hälse und es gab strenge Blicke, haha...

Letzte-Reihe-View: Zeki Min fängt an, danach musste ich mich setzen (sonst strenge verurteilende Blicke)...
Was die Musiker anging fing Zeki Min (www.facebook.com/minizek) aus Bremen an. Ein ganz ulkiges Bürschchen: Sah aus wie einer dieser Hipster-Neo-Hippies, arbeitet anscheinend als Lehrer, ist Sohn eines Türken und einer Asiatin, hatte mal einen Kumpel Christian, dessen Mutter offensichtlich eine ziemliche Rabenmutter war (hat Christian und ihn an dänischen Spielotheken ausgesetzt und in Polizeigewahrsam übernachten lassen) und Geburtstag hatte er glaube ich auch noch am Konzerttag.

Warum ich so viel über den weiß? Na ja, nehmen wir mal an Zeki Min hatte circa 45 Minuten Spielzeit, davon hat er gefühlt bestimmt 30 Minuten gelabert, haha... Wie ein Wasserfall! Aber sympathisch! Nur ... auf 'ner Party möchte ich den nicht unbedingt neben mir stehen haben, haha... Da hat man dann bestimmt die berühmte Frikadelle am Ohr... Die Mucke fiel dann auch so mit, Englisch hat er gesungen, das übliche Emo-Akustik-Befindlichkeitsding halt...

Während bei mir und den beiden großen P's das Pils allmählich schon ganz gut anschlug (merkt man ja irgendwie immer mehr wenn man sitzt, anstatt das im Moshpit auszuschwitzen oder so) betrat dann Franz Nicolay (www.facebook.com/franznicolay) aus New York die Bühne und sah aus der letzten Reihe irgendwie aus wie ein kleiner Ringo-Starr-Doppelgänger. Kann aber auch nur mein subjektiver bierbenebelter Eindruck gewesen sein, hehe...

Ich hatte mir bis jetzt immer noch nicht zusammengereimt wo der Franz Nicolay schon so alles mitgemacht hatte, irgendwas war da im Gerede von AGAINST ME, WORLD/INFERNO FRIENDSHIP SOCIETY und THE HOLD STEADY. Also solider Background im Bereich Indie/Alternative/Punkrock und musikalisch hob der gute Franz das Level auch noch mal an. Meist mit Gitarre - gelegentlich auch mit Banjo - spielte er folkige Storyteller-Mucke, immer garniert mit sympathischen Ansagen (allerdings nicht so ausgiebig quatschend wie Zeki Min). Keine Ahnung wie lange Franz Nicolay letztendlich gespielt hat, aber es war ganz angenehm. Guter Musiker halt, alter Hase, da kann ja nicht viel schief gehen...

Wobei ich mich des Eindrucks allerdings nicht erwehren kann, dass diese ganze folkig angehauchte Emo-Befindlichkeits-Akustikschiene sich mittlerweile immer mehr von den Punkrock-/Hardcore-Roots löst und voll auf das spießige Bildungsbürgertum zusteuert. Und dort auch mit offenen Armen empfangen wird... Muss jeder für sich selbst entscheiden ob das so cool ist... Im Grunde genommen sind das ja die Werte gegen die man sich früher mal aufgelehnt hat... Na ja, so lange für den ein oder anderen noch 'n paar mehr Euros übrig bleiben als im AJZ Stinkdrüse und man statt auf'm Fußboden vom Veranstalter im warmen Hotelbettchen schlafen kann - your choice! Für mich ist das dann irgendwann halt nicht mehr wirklich relevant...

Aber ich war ja sowieso total unreflektiert am Bier trinken und setzte das nach Konzertende auch noch bei dem eingangs erwähnten Schmarotzerstudenten zuhause fort, den ich zu diesem Zweck aufsuchte. Voll Punk und so, haha! Auch da ging's aber noch um Meppener Parallelwelten, z. B. die allseits bekannten Videos vom "Kamp Springbreak" etc. Oh man, die absolute Härte, haha! (Video natürlich NICHT von mir, keine Haftung und so, ding ding ding...)


Über den Rest des Abends breiten wir aber mal den Mantel des Schweigens, weil man wohl dabei gewesen sein muss um das witzig zu finden (Schwester und Katze wirkten jedenfalls schon mittelschwer irritiert von uns), haha...

Am Freitag war ich dann 'n bisschen schweinegrippig und am Samstagmorgen wäre ich fast von einem gefühlt ca. 500 kg schweren Tresor erschlagen worden (fragt mich nicht wie es dazu kam, aber die Geschichte stimmt wirklich). Nach soviel Todesangst und donnerstäglichem Kulturüberschuss stand mir der Sinn verständlicherweise nach so richtig primitiver Abendbeschäftigung. Also - nicht lange gefackelt, BUCK BILOXI AND THE FUCKS waren auf Europatour und würden an dem Abend in Oberhausen spielen, also hin da!

In Oberhausen sind wir auch mal direkt geblitzt worden, aber was tut man nicht alles um solchen verschuldeten und strukturschwachen Ruhrpott-Großstädten auf die Beine zu helfen. Vor Ort angekommen erstmal großes Hallo mit einer Handvoll Oberhausener Bekannter, hitzebedingt in Rekordzeit ein paar Biere weggepumpt und dann fing auch so langsam die erste Band an.


GIORGIO MURDERER (Giorgio-Murderer-Facebookpage) kennt bestimmt keine Sau in Minus Rockcity Meppen, aber egal... Das waren drei Ami-Dudes an Gitarre/Bass/Drums und ein Mädel am Synthesizer. Der Gitarrist war so hässlich, dass er sich freiwillig so eine MENTORS-Maske aufhatte. Und nebenbei bemerkt hatte der auch einen MENTORS-Rückenaufnäher, also ging der Underground-Rock'n'Roll-Award schon mal an ihn. Muckemäßig war es wie schon erwähnt primitivster US-Garagenpunk im SPITS-Style, inklusive Chaos (Gitarrensaite reißt im ersten Song), Krach und Lazerlords. So muss dat!

Danach dann BUCK BILOXI AND THE FUCKS (www.facebook.com/buckbiloxi) die als Trio unterwegs waren und sich - oh Wunder - komplett aus der GIORGIO MURDERER Besetzung rekrutierten, minus dem hässlichen Typen. Das nenn ich mal ökonomisches Arbeiten! Musikalisch hörten die sich auch genauso geil an wie ihr Bandname, nämlich als hätte man GG Allin und die RAMONES auf einer Überdosis Acid in einer Mülltonne den Berg runtergerollt. Geil! Oder halt wie GIORGIO MURDERER nur ohne Synthie, haha... Wenige Songs überschritten die 90-Sekunden-Grenze, in der Zugabe wurde wüstester Krach mit Instrumentenwechseln fabriziert. Wie ich oben schon sagte: So muss dat!!!


Womit eigentlich ein guter Konzertabend umschrieben wäre... Das Kuriose war aber eigentlich der Laden. In Oberhausen fahren wir ja meist nur zum "Druckluft", das kennt man ja... Diesmal war die Lokalität aber ein Stadtviertelgemeinschaftshaus in Ripse (wie ich an dem Abend erfuhr wohl der älteste Stadtteil Oberhausens), wo halt alles weniger nach Konzertkaschemme aussah und z. B. auch ein schmieriger Sozialarbeiter rumlief. Aber von den Besuchern war es halt das absolute Kuriositätenkabinett, z. B. ein barfuß umhertorkelnder zahnloser Althippie mit Wodkaflasche im Arm, entrückt tanzende adipöse Endfünfzigerinnen, Thekenpersonal die selbst ihre besten Kunden waren und gekifft wurde da, dass einem ganz schwindlig wurde ... also so richtig herrlich! :D Ich hab jedenfalls viele neue Freundschaften geschlossen, haha.

Sympathische Menschen waren auch die Bandmitglieder, denn die hatten mir per Punkerpost noch Schallplatten aus Karlsruhe mitgebracht. Davon abgesehen konnten sie auch einiges am Glas und setzten sich auf der Veranda des Ladens auch intensiv mit grüner Botanik auseinander, so dass mir bei der Abreise ganz wunderlich war. Ist mir auch bis heute ein Rätsel, dass ich dem hässlichen Gitarristen (Andy hieß er) bei meiner Top-Form nicht seine Maske abschwatzen konnte. Ich hab's versucht ... also, falls jemand noch ein Geschenk für mich such: So eine Maske hätte ich gern! Ist ja bald wieder Weihnachten...

Da Oberhausen-Meppen dank A31 ja nicht mehr als 'n Katzensprung ist schlugen wir später auch noch im Rockpalast auf, wo ich dann aber irgendwie auch restlos neben mir stand. Kann mich nur noch daran erinnern mit einem Mann in Holzschuhen geredet und den schönsten alkoholbedingten Silberblick der letzten fünf Jahre gesehen zu haben. Danke dafür! :)

So geht's weiter in den nächsten Wochen ... geht mehr auf Konzerte!!! (wer weitere Konzerttipps hat => gerne per Mail - kein Bullshit!):
  • 07.08.2015: Blues- und Jazznacht, Meppen
  • 14. bis 15.08.2015: Neon Fields Festival - Haren: Facebook-Festivalpage
  • 28. bis 29.08.2015: Kleinstadtfest Meppen: Facebook-Event
  • 30.08.2015: Fest der Kulturen - VHS Parkplatz, Meppen
  • 10.10.2015: Rob Moir + Support - Jugendzentrum "Jam", Meppen
  • 16.10.2015: Read ’Em All - die METAL-Lesung - Jugendzentrum "Jam", Meppen: Facebook-Event
  • 25.10.2015: I Saw Daylight, My Defens, Mobina Galore - Jugendzentrum "Jam", Meppen
  • 04.03.2016: Kleinstadt-Comedy Vol. 2 - Windthorst-Theater, Meppen

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